Preisabschläge vs. Renovierungskosten: Was lohnt sich vor dem Immobilienverkauf?

Preisabschläge vs. Renovierungskosten: Was lohnt sich vor dem Immobilienverkauf?
Wohnen & Einrichten Lynn Roberts 11 Sep 2025 5 Kommentare

Was bringt mehr: Sanieren oder Preis abschlagen?

Bevor du deine Immobilie verkaufst, stehst du vor einer Entscheidung, die Tausende Euro ausmachen kann: Renovierst du alles, oder nimmst du einen Preisabschlag hin? Viele Verkäufer denken, dass eine vollständige Sanierung automatisch den höchsten Preis bringt. Doch das ist ein Irrtum. In manchen Fällen bringt eine teure Renovierung gar keinen Gewinn - oder sogar Verlust. Andere wiederum verkaufen ihre Immobilie zu schnell und zu billig, weil sie keine Ahnung vom tatsächlichen Marktwert haben.

Die Wahrheit liegt zwischen beiden Extremen. Es geht nicht darum, alles neu zu machen. Es geht darum, gezielt zu investieren - oder bewusst zu verzichten. Und das hängt von drei Dingen ab: dem Zustand deiner Immobilie, der Region, in der du lebst, und dem, was Käufer heute wirklich bezahlen wollen.

Warum Energieeffizienz den Preis bestimmt - und nicht der Anstrich

Ein neuer Anstrich macht die Wohnung hübsch. Eine neue Heizung macht sie wertvoll. Laut Empirica-Daten aus 2023 kostet eine Immobilie mit Energieeffizienzklasse G im Vergleich zu einem Objekt der Klasse C heute durchschnittlich 333 Euro pro Quadratmeter weniger. Das ist fast doppelt so viel wie noch 2022, als der Abschlag nur 196 Euro betrug.

Was heißt das konkret? Stell dir ein 120 Quadratmeter großes Haus aus den 1970er-Jahren vor. Es hat Einzelfenster, keine Dämmung, und eine alte Ölheizung. Der Verkaufspreis liegt bei 2.610 Euro pro Quadratmeter - weil es in Klasse H steckt. Ein vergleichbares Haus mit moderner Dämmung und Wärmepumpe kommt auf 3.015 Euro pro Quadratmeter. Das sind 40.500 Euro Unterschied - nur wegen der Energieklasse.

Und das ist nicht alles. Das Gebäudeenergiegesetz schreibt seit 2024 vor, dass Käufer von unsanierten Objekten innerhalb von zwei Jahren eine energetische Sanierung durchführen müssen. Wer das Haus kauft, zahlt nicht nur den Kaufpreis - er zahlt auch die Sanierungskosten. Deshalb verlangen Käufer heute einen höheren Preisabschlag. Sie rechnen schon vor dem Kauf: „Wie viel muss ich noch investieren?“

Was lohnt sich wirklich - und was ist Geldverschwendung

Nicht jede Renovierung bringt Geld zurück. Ein neuer Parkettboden im Wohnzimmer? Vielleicht. Eine komplett umgebaute Küche mit Edelstahl und Induktionsfelder? Nur, wenn du in einer Gegend lebst, wo Käufer bereit sind, dafür zu zahlen.

Experten wie Eva Buchholz von IMEB sagen: Kleine, gezielte Maßnahmen zahlen sich aus. Ein frischer Anstrich in hellen Farben, neue Fensterdichtungen, ein moderner Warmwasserboiler, eine neue Heizkörperthermostate - das kostet 5.000 bis 10.000 Euro und kann den Verkaufspreis um 20.000 bis 30.000 Euro steigern. Das ist ein Return on Investment von 2:1 oder mehr.

Was hingegen oft vergeblich ist: Eine Totalsanierung mit neuen Badezimmern, komplett neu verlegten Fußböden und einer Luxus-Küche, wenn die Immobilie in einer strukturschwachen Region liegt. In solchen Gegenden kauft niemand ein Haus mit 100.000 Euro Sanierungskosten - selbst wenn es danach „wie neu“ aussieht. Käufer denken: „Ich könnte mir ein neues Haus für den gleichen Preis kaufen.“

Und dann gibt es noch die DIY-Falle. Wer selbst tapen, streichen oder Fliesen legt, spart Geld - aber verliert oft Vertrauen. Ein Käufer sieht unsaubere Nähte, falsch verlegte Fliesen oder ein undichtes Bad. Er denkt: „Wenn der Vorbesitzer das so gemacht hat - was ist sonst noch kaputt?“ Professionelle Arbeit zahlt sich aus. Selbst wenn du nicht alles machen kannst, lass zumindest die kritischen Bereiche - Bad, Heizung, Elektrik - von Fachleuten machen.

Zwei Käufer vor identischen Häusern: eines in München mit viel Interesse, eines in Leipzig mit wenig Aufmerksamkeit, umgeben von preis- und kostenbezogenen Symbolen.

Die Region entscheidet - München vs. Leipzig

Ein Haus in Putzbrunn bei München kann auch mit alten Fenstern und einem veralteten Bad einen hohen Preis erzielen. Die Nachfrage ist hoch, die Konkurrenz gering. In solchen Regionen lohnt sich oft kein großer Aufwand. Ein paar Reparaturen und ein sauberer Zustand reichen aus.

Anders in Heidelberg, Dresden oder in ländlichen Gebieten in Sachsen-Anhalt. Hier ist die Nachfrage geringer. Käufer haben die Wahl zwischen zehn ähnlichen Objekten. Wer da mit einem alten Bad und einer Energieklasse G kommt, bleibt liegen. In diesen Märkten ist eine sanierungsbedürftige Immobilie fast unmöglich zu verkaufen - oder nur mit einem Preisabschlag von 20 bis 30 Prozent.

Die Ihres-Immobilienmaklers-In-Heidelberg-Studie aus 2023 zeigt: Sanierungsbedürftige Immobilien verkaufen sich dort im Durchschnitt 15 bis 25 Prozent langsamer. Und wenn sie endlich verkauft werden, liegt der Preis oft 20 Prozent unter dem Marktwert. In München hingegen kann ein Objekt mit Sanierungsbedarf sogar über dem Marktwert liegen - weil es einfach keine Alternativen gibt.

Die Kosten-Nutzen-Rechnung - so machst du sie richtig

Bevor du einen Hammer schwingst, rechne. Die IMMO-DNA-Analyse empfiehlt vier Schritte:

  1. Bestimme den aktuellen Marktwert: Lass dich von einem Immobilienmakler beraten oder schau dir kürzlich verkauften Objekte in deiner Straße an. Vergleiche Größe, Zustand, Energieklasse. Nicht die Angebotspreise - die tatsächlichen Verkaufspreise.
  2. Berechne die Verkaufskosten: Maklerprovision (3-7 % + MwSt.), Notarkosten, Grunderwerbsteuer (3,5-6,5 % je nach Bundesland). Das sind oft 10-12 % des Verkaufspreises. Diese Kosten ziehst du vom Erlös ab - egal ob du renovierst oder nicht.
  3. Rechne die Sanierungskosten durch: Mach eine detaillierte Kostenaufstellung. Nicht „ca. 20.000 Euro“. Sondern: 8.000 € für Bad, 5.000 € für Heizung, 3.000 € für Fenster, 2.000 € für Anstrich. Und: Wie lange dauert das? Bist du bereit, 3-4 Monate im Haus zu wohnen?
  4. Rechne den Mehrwert aus: Wie viel mehr könnte dein Haus nach der Sanierung wert sein? Vergleiche mit ähnlichen, sanierten Objekten. Wenn der Mehrwert nicht mindestens 1,5-fach höher ist als deine Kosten, dann lohnt es sich nicht.

Beispiel: Du investierst 25.000 Euro in Sanierung. Der Verkaufspreis steigt um 35.000 Euro. Dein Gewinn: 10.000 Euro. Aber du hast 3 Monate Zeit und Stress investiert. Ist das für dich wert? Oder würdest du lieber sofort verkaufen, 20.000 Euro weniger nehmen und die Ruhe behalten?

Der Preisabschlag - nicht das Zeichen des Versagens

Ein Preisabschlag ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist eine strategische Entscheidung. Wenn deine Immobilie eine schlechte Energieklasse hat, die Sanierung 50.000 Euro kosten würde, und du innerhalb von 6 Wochen verkaufen musst - dann ist ein fairer Preisabschlag die klügere Wahl.

Die KDR-Immobilien-Analyse aus Februar 2023 sagt: Ein ehrlicher Preisabschlag wirkt glaubwürdig. Käufer schätzen Transparenz. Wenn du sagst: „Das Bad ist alt, die Heizung muss ersetzt werden - ich gebe 25.000 Euro Rabatt“, dann vertraut dir der Käufer. Er sieht: Der Verkäufer hat nichts versteckt. Er kann selbst entscheiden, ob er das macht - oder nicht.

Und: Viele Käufer sind Bauunternehmer, Handwerker oder selbstständig. Sie wollen ein Projekt. Sie wollen nicht ein fertiges Haus. Sie wollen ein Haus, das sie umbauen können - mit einem Preis, der es erlaubt. Ein Preisabschlag macht dein Objekt für diese Käufer attraktiv.

Ein Hausbesitzer vor einer Energiebescheinigung, die bricht, während eine bessere Version aufsteigt, umgeben von Renovierungs- und Kosten-Symbolen in psychedelischem Stil.

Was Käufer wirklich sagen - und wie du dich darauf vorbereitest

Ein Baugutachter sagt oft: „Fast jede Immobilie hat Mängel.“ Das ist kein Geheimnis. Aber Käufer nutzen das aus. Laut Dr. Klein-Ratgeber können sie den Preis um bis zu 20 Prozent senken - wenn sie konkrete, kostenintensive Mängel aufzählen.

Wenn du weißt, dass dein Dach undicht ist, deine Fenster undicht sind, oder deine Heizung aus 1995 stammt - dann sag es vorher. Nenne die Kosten. Zeig die Gutachten. Du verlierst nicht Vertrauen. Du gewinnst Glaubwürdigkeit. Und du vermeidest, dass der Käufer nachher noch mehr Rabatt verlangt, weil er sich betrogen fühlt.

Wenn du nichts sagst, und der Käufer später einen Gutachter holt - dann kommt er mit einer Liste von 15 Mängeln. Und plötzlich ist dein Preisabschlag 40.000 Euro statt 15.000. Das ist kein Fairness-Verhandlung - das ist eine Überraschung, die dir wehtut.

Die Faustregel: 1:1,5 oder nichts

Es gibt eine einfache Regel, die dir hilft: Nur investieren, wenn der Mehrwert mindestens 1,5-fach höher ist als die Kosten. 10.000 Euro investiert? Dann muss der Preis um mindestens 15.000 Euro steigen. 30.000 Euro investiert? Dann muss der Verkaufspreis um 45.000 Euro steigen.

Wenn du das nicht erreichst - dann nimm den Preisabschlag. Du sparst Zeit, Stress und Geld. Und du verkaufst schneller. In einer Zeit, in der Zinsen hoch sind und Käufer zögern, ist Schnelligkeit oft wichtiger als der maximale Preis.

Was du jetzt tun solltest

  • Prüfe deine Energieeffizienzklasse - sie ist der wichtigste Preisfaktor.
  • Lass dich von einem Makler beraten: Was ist der reale Marktwert deiner Immobilie?
  • Erstelle eine Liste: Was kostet eine Sanierung? Was bringt sie? Rechnen - nicht schätzen.
  • Wenn du nicht sicher bist: Mach kleine, günstige Verbesserungen - Anstrich, Dichtungen, Thermostate.
  • Wenn du dich entscheidest, zu verkaufen - sei ehrlich. Nenne Mängel und Rabatte offen.

Es gibt keinen perfekten Weg. Aber es gibt einen klügeren Weg. Und der beginnt nicht mit einem Hammer - sondern mit einer Rechnung.

Soll ich meine Immobilie vor dem Verkauf komplett sanieren?

Nein, nicht immer. Eine Totalsanierung lohnt sich nur, wenn der Mehrwert mindestens 1,5-fach höher ist als die Kosten. In Regionen mit hoher Nachfrage wie München kann ein Teil der Sanierung reichen. In strukturschwachen Gebieten ist eine umfassende Sanierung oft notwendig - aber nur, wenn du genug Zeit und Kapital hast. Andernfalls ist ein fairer Preisabschlag die bessere Wahl.

Wie viel kostet eine energetische Sanierung?

Die Kosten variieren stark. Eine Dämmung der Außenwände kostet zwischen 50 und 150 Euro pro Quadratmeter. Eine neue Heizung (Wärmepumpe) liegt bei 15.000 bis 30.000 Euro. Fensterwechsel: 8.000 bis 15.000 Euro. Ein ganzes Haus auf Energieklasse C zu bringen, kostet oft 40.000 bis 80.000 Euro - je nach Größe und Zustand. Die Rendite hängt von der Region ab: In stark nachgefragten Gebieten steigt der Preis deutlich, in schwachen Märkten kaum.

Welche Renovierungen bringen den höchsten Mehrwert?

Die besten Renditen haben kleine, aber sichtbare Verbesserungen: Ein frischer Anstrich (2.000-5.000 €) bringt oft 10.000-20.000 € mehr Wert. Neue Fensterdichtungen und Heizkörperthermostate (1.000-3.000 €) verbessern die Energiebilanz und wirken professionell. Ein modernes Bad (10.000-15.000 €) kann den Preis um 20.000-30.000 € steigern - vorausgesetzt, es ist gut gemacht. Großprojekte wie eine komplette Küche oder Bodenbeläge lohnen sich nur in Premium-Lagen.

Wie hoch ist der Preisabschlag für Energieklasse G?

Laut Empirica-Daten aus 2023 beträgt der Preisabschlag für Immobilien der Energieklasse G im Vergleich zu Klasse C durchschnittlich 333 Euro pro Quadratmeter. Bei einem 120 m²-Haus sind das 39.960 Euro. Das ist fast doppelt so viel wie noch 2022. In vielen Fällen ist der Abschlag sogar höher, wenn das Gebäude aus den 1960er-Jahren stammt - dann kommen noch 935 Euro pro Quadratmeter für das Baujahr hinzu.

Kann ich den Preisabschlag verhandeln?

Ja - aber nicht so, wie du denkst. Käufer verhandeln nicht mit dir, sondern mit dem Markt. Wenn du den Preis zu hoch ansetzt, ohne Sanierung, dann bleibt das Haus liegen. Wenn du zu niedrig ansetzt, verlierst du Geld. Der Schlüssel ist: Zeige die tatsächlichen Mängel, nenne die voraussichtlichen Sanierungskosten, und setze einen realistischen Preis. Dann verhandelt der Markt - nicht der Käufer. Ein transparenter Preis zieht mehr Interessenten an - und führt oft zu einem besseren Ergebnis als ein versteckter Mangel.

Kommentare

  • Elisabeth Whyte

    Elisabeth Whyte Oktober 30, 2025

    Ich hab mein Haus verkauft, ohne zu sanieren - und es war die beste Entscheidung meines Lebens!!! 😭💸 Die Käufer waren sogar froh, dass sie selber was machen können... und ich hatte drei Tage Ruhe!!!

  • Bernd Sangmeister

    Bernd Sangmeister Oktober 31, 2025

    lol die 333€/qm abschlag für g-klasse? das is ne ziemlich krasse übertreibung... ich hab letztes jahr in köln ne g-klasse gekauft, 120qm, 170k, und die heizung war aus den 80ern... die kunden zahlen halt nicht mehr für alte kacke, aber 333? nee, das is ne künstliche zahl von maklern die ihre commission sichern wollen. real war der abschlag 180-200, max. und das nur weil die banken die finanzierung verweigern... sonst wär’s noch günstiger geworden 😅

  • Elsa Bazán Mezarina

    Elsa Bazán Mezarina November 1, 2025

    Es ist bemerkenswert, wie sehr die öffentliche Wahrnehmung von Immobilienwerten von emotionalen, nicht ökonomischen Faktoren beeinflusst wird. Die von Ihnen zitierten Daten von Empirica sind zwar korrekt, doch die Interpretation vernachlässigt die strukturellen Marktverzerrungen durch das Gebäudeenergiegesetz. Es ist nicht die Energieklasse allein, die den Wert mindert - es ist die rechtliche Haftung, die auf den Käufer übertragen wird. Eine kluge Strategie besteht darin, den Preis nicht als „Abschlag“ zu positionieren, sondern als „Kostenübernahme“ - ein subtiler, aber entscheidender semantischer Unterschied, der die Kaufbereitschaft signifikant erhöht. 🧠✨

  • Jens Kilian

    Jens Kilian November 2, 2025

    Ich hab als Handwerker 15 Jahre lang Häuser für Verkäufer renoviert - und ich sag euch: Die meisten denken, sie müssen alles neu machen. Aber das stimmt nicht. Ein paar neue Dichtungen, ein frischer Anstrich, die Heizkörperthermostate wechseln - das macht schon 80% des Effekts aus. Und wenn du dann noch ehrlich sagst: „Das Bad ist alt, aber ich hab’s 2021 frisch gefliest, nur die Armaturen sind kaputt“ - dann vertraut dir der Käufer. Das ist der Trick. Keine Perfektion. Ehrlichkeit. Und ein bisschen Liebe zum Detail. ❤️🪛

  • Anton Avramenko

    Anton Avramenko November 2, 2025

    Vielen Dank für diesen klaren, gut strukturierten Beitrag. Ich habe vor zwei Monaten meine Wohnung verkauft - ohne Sanierung, aber mit vollständiger Transparenz über den Zustand der Heizung und der Fenster. Ich habe den Preis um 22.000 € unter dem ursprünglichen Angebot angesetzt, und innerhalb von 14 Tagen war der Vertrag unterschrieben. Der Käufer war ein junger Ingenieur, der selbst Hand anlegen wollte - und er hat mir sogar gedankt, dass ich nichts versteckt habe. Es ist nicht übertrieben: Ehrlichkeit ist der beste Marketingtrick. Und ja - die 1:1,5-Regel ist goldwert. Ich hab sie angewendet. Und sie hat funktioniert. 🙏

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