Wenn die Temperaturen unter null sinken, wird aus einem einfachen Wasserhahn im Garten eine Zeitbombe. Jedes Jahr werden in Deutschland Tausende Wasserleitungen durch Frost beschädigt - nicht weil es unvermeidlich ist, sondern weil viele Hausbesitzer die richtigen Schritte nicht kennen. Wasser dehnt sich beim Gefrieren um fast 10 % aus. Das erzeugt Drücke von bis zu 2.000 bar. Selbst dicke Kupferrohre reißen wie Papier. Der Schaden? Im Durchschnitt 1.200 Euro pro Fall. Und oft zahlt die Versicherung nicht, weil der Schaden als fahrlässig gilt.
Warum reicht es nicht, den Hahn einfach zuzudrehen?
Viele denken: Ich drehe den Wasserhahn im Garten zu, und das war’s. Falsch. Selbst wenn der Hahn geschlossen ist, bleibt Wasser in der Leitung stecken - bis zu 150 Milliliter. Das ist genug, um bei -10°C oder darunter eine kleine Eiskugel zu bilden. Und diese Kugel dehnt sich aus, bis die Leitung platzt. Das passiert oft genau dort, wo man es nicht sieht: unter der Erde, hinter der Wand, im Keller. Erst wenn im Frühling das Wasser wieder fließt, merkt man: Die Leitung ist hin.Die einzige echte Lösung: Wasser raus. Nicht nur abschalten - komplett entleeren. Das ist die Grundregel, die alle Experten betonen. Und sie funktioniert - wenn sie richtig gemacht wird.
Die sieben goldenen Regeln für frostfreie Leitungen
Es gibt sieben Schritte, die jeder Hausbesitzer kennen sollte. Wer sie befolgt, hat 95 % der Schäden im Griff. Hier ist die Checkliste, Schritt für Schritt:
- Wasserhahn im Keller schließen. Drehen Sie das Hauptabsperrventil im Keller im Uhrzeigersinn zu. Das ist der letzte Punkt, an dem das Wasser aus dem Haus in die Außenleitung fließt. Ohne das ist alles andere sinnlos.
- Außenhahn öffnen. Jetzt drehen Sie den Wasserhahn im Garten auf. Das gibt dem Wasser einen Ausgang. Es läuft ab - erst in Strömen, dann nur noch tropfend.
- Entleerungshahn nutzen. Wenn Ihr System einen Entleerungshahn hat (meist direkt unter dem Hauptventil im Keller), öffnen Sie ihn. Stellen Sie einen Eimer darunter. Das ist der Ort, wo das letzte Restwasser rausläuft. Viele haben diesen Hahn gar nicht, weil ihr Haus alt ist. Dann müssen Sie anders vorgehen.
- Druckluft durchblasen. Das ist die effektivste Methode. Mit einer kleinen Druckluftflasche (6 bar mindestens) blasen Sie die Leitung leer. Selbst die kleinsten Tropfen verschwinden. Kosten: 15 Euro für eine Flasche - und sie hält Jahre. Wer das macht, hat in den letzten fünf Jahren keinen einzigen Frostschaden gehabt.
- Wasseruhr und Hauswasserwerk entfernen. Wenn Sie eine separate Wasseruhr haben, die im Freien steht: nehmen Sie sie raus und lagern Sie sie im Keller. Dasselbe gilt für die Gartenpumpe. Sie ist empfindlich. Frost macht sie kaputt.
- Abwasserknie leeren. Unter der Spüle im Gartenhaus oder in der Waschküche gibt es oft ein gebogenes Rohr (Knie). Dort sammelt sich Wasser. Leeren Sie es mit einem Eimer oder einer Pumpe.
- Isolieren, was nicht rauskann. Alle Wasserhähne, die nicht abgebaut werden können, sollten mit Schaumstoff oder Steinwolle umwickelt werden. Mindestens 20 mm Dicke - besser 25 mm. Das schützt bei -15°C. Und: Decken Sie das Brunnenrohr locker ab. Mäuse lieben warme, versteckte Orte.
Was ist mit modernen Rohren? Sind die frostfest?
Nein. Auch PEX-Rohre, die oft als „frostbeständig“ beworben werden, sind nicht unverwundbar. Sie können bis zu 500 Frostanläufe überstehen - aber nur, wenn sie nicht vollständig gefüllt sind. Einmal gefroren, ist die Struktur geschädigt. Die Leitung hält vielleicht noch, aber sie ist schwach. Später, bei Druckänderungen, platzt sie trotzdem. Kupfer und Edelstahl sind noch anfälliger. Sie dehnen sich nicht - sie brechen.
Und Gartenschläuche? Nie unter die Erde legen. Sie bestehen aus weichem PVC, das unter Erddruck einknickt. Das reduziert den Durchfluss um bis zu 70 %. Und wenn es friert? Dann wird der Schlauch zu einem Eisblock - und platzt wie eine Luftmatratze.
Tiefe Verlegung: Die beste, aber teuerste Lösung
Die zuverlässigste Methode, Frost zu vermeiden, ist die richtige Verlegungstiefe. In Deutschland muss eine Wasserleitung frostfrei liegen - also unterhalb der Frostgrenze. Das ist nicht überall gleich:
- Norddeutschland: 80-100 cm
- Mitteldeutschland: 100-120 cm
- Alpenregionen: bis zu 150 cm
Die DIN EN 1610 schreibt das vor. Aber: 63,7 % der bestehenden Anlagen in Deutschland sind nicht normgerecht verlegt. Das heißt: Fast zwei von drei Gartensystemen sind eine Zeitbombe. Wenn Sie eine neue Leitung verlegen - oder eine alte sanieren - dann achten Sie auf die Tiefe. Sonst zahlen Sie später doppelt: einmal für die Reparatur, einmal für die Nachverlegung.
Was tun, wenn die Leitung schon gefroren ist?
Wenn Sie merken, dass kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt - und es ist kalt -, dann ist die Leitung wahrscheinlich gefroren. Nicht mit einem Föhn aufdrehen. Das bringt nichts. Der Eisblock bleibt. Und wenn Sie plötzlich Wasser sehen, ist die Leitung schon gebrochen.
Die richtige Reaktion: Wasser ganz abstellen. Dann warten. Langsam. Die Leitung muss von innen auftauen. Das dauert. Manchmal 24 Stunden. Wenn das Wasser nach einigen Tagen immer noch nicht fließt, rufen Sie einen Fachmann. Selbst wenn es nur ein Tropfen ist - das kann ein Riss sein. Und der wird größer, wenn Sie Druck aufbauen.
Was kostet der Frostschutz - und was der Schaden?
Einmalig aufwändig, aber langfristig billig:
- Druckluftflasche: 15-30 Euro
- Isoliermatten (für 2-3 Hähne): 20-40 Euro
- Zeitaufwand: 45-60 Minuten pro Anschluss (erstes Mal)
Im Vergleich dazu:
- Durchschnittlicher Schadensfall: 1.185 Euro
- Reparaturkosten bei gebrochener Leitung: bis zu 2.500 Euro
- Sanierung einer nicht normgerechten Leitung: 1.850 Euro
- Keine Versicherungsleistung: 73,4 % der Fälle
Das ist kein Sparbetrieb. Das ist Risikomanagement. Und es ist einfacher, als Sie denken.
Was ist mit intelligenten Systemen?
Die Zukunft ist automatisch. Systeme wie „FrostFree Pro“ von Uponor erkennen, wenn die Temperatur unter -2°C sinkt. Dann blasen sie die Leitung automatisch leer. Effektivität: 99,8 %. Aber: 349 Euro pro Anschluss. Das lohnt sich nur, wenn Sie mehrere Anschlüsse haben oder viel Wert auf Komfort legen. Für die meisten Hausbesitzer ist die manuelle Methode mit Druckluft noch immer die beste Wahl.
Der Markt für Frostschutz steigt - 127 Millionen Euro in Deutschland 2023. Die Nachfrage nach Isoliermaterialien ist im letzten Jahr um 12,4 % gestiegen. Die Leute merken: Frost ist kein Problem des Winters - sondern der Vorbereitung.
Was bleibt: Planen, nicht reagieren
Frostschutz ist kein Job für den letzten Tag vor Weihnachten. Es ist eine Routine, wie das Wechseln der Heizkörperthermostate oder das Reinigen der Regenrinnen. Machen Sie es im Oktober. Wenn die Blätter fallen, ist es Zeit. Notieren Sie sich den Tag: 15. November. Dann erledigen Sie es. Und im nächsten Jahr? Dann brauchen Sie nur noch 25 Minuten - weil Sie es schon einmal gemacht haben.
Ein paar Minuten Aufwand. Ein paar Euro Investition. Und dann: Ruhe im Winter. Kein plötzliches Wasser im Keller. Kein Schaden. Keine Versicherungsstreitigkeiten. Keine teuren Reparaturen. Das ist der echte Gewinn.