Versicherung für Renovierungsarbeiten: Was Bauherren wirklich brauchen

Versicherung für Renovierungsarbeiten: Was Bauherren wirklich brauchen
Bauen und Renovieren Lynn Roberts 24 Nov 2025 0 Kommentare

Stell dir vor, du renovierst dein Altbauhaus. Die Wände sind raus, die Bodenplatte liegt frei, und plötzlich bricht eine alte Wasserleitung - und flutet die Wohnung unten. Der Nachbar klagt. Die Reparaturkosten liegen bei 45.000 Euro. Deine private Haftpflichtversicherung sagt: Nein, das ist kein Fall für uns. Was jetzt? Du stehst vor einem Berg an Rechnungen, die du nicht bezahlen kannst. Das passiert öfter, als du denkst. In Deutschland gibt es jedes Jahr über 1,2 Millionen Renovierungsprojekte. Bei fast jedem dritten davon tritt ein Schaden auf, den die normale Haftpflicht nicht abdeckt. Und das ist kein Einzelfall - das ist System.

Warum deine private Haftpflicht bei Renovierungen versagt

Die private Haftpflichtversicherung schützt dich im Alltag: Wenn du jemanden mit dem Fahrrad anfährst, wenn dein Hund einen Blumentopf umwirft, oder wenn du versehentlich ein Fenster einschlägst. Aber sie ist nicht dafür gemacht, um Bauarbeiten abzudecken. Laut Allianz und DBV gilt: Wenn du nur kleinere Arbeiten machst - wie neue Fliesen legen oder die Küche austauschen - und die Wohnung danach genauso nutzt wie vorher, dann ist die private Haftpflicht oft noch ausreichend. Aber sobald du etwas Größeres anpackst, wird es gefährlich.

Was ist „größer“? Das ist nicht nur eine Frage der Bausumme. Es geht auch um die Art der Arbeiten. Wenn du eine tragende Wand entfernst, den Keller ausbaut, die Dachkonstruktion veränderst oder eine Heizungsanlage komplett erneuerst, dann bist du plötzlich ein Bauherr - und kein normaler Mieter oder Eigentümer mehr. Die Versicherer sehen das als ein völlig anderes Risiko an. Und das ist auch logisch: Ein Bauvorhaben verändert die Struktur des Gebäudes. Es entstehen neue Gefahren: Erdrutsche, Bodensenkungen, Wasserschäden durch falsch verlegte Leitungen, herabfallende Bauteile, Schäden an Nachbargrundstücken. Das ist kein „Alltagsrisiko“ mehr. Das ist Baustellenrisiko.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Laut der Deutschen Gesellschaft für Versicherungswirtschaft (GDV) reicht bei 78 % der Renovierungsprojekte mit einer Bausumme über 50.000 Euro die private Haftpflicht nicht mehr aus. Und das sind nur die Fälle, die gemeldet werden. Viele Bauherren merken gar nicht, dass sie ungeschützt sind - bis es zu spät ist.

Was die Bauherrenhaftpflichtversicherung wirklich abdeckt

Die Bauherrenhaftpflichtversicherung ist speziell für genau diese Situationen gemacht. Sie schützt dich als Bauherr vor Schäden, die durch deine Renovierungsarbeiten an Dritten entstehen. Das ist nicht nur Theorie - das ist lebenswichtig.

Diese Versicherung deckt drei Arten von Schäden ab:

  • Personenschäden: Wenn ein Arbeiter stürzt, ein Nachbar sich an einem herabfallenden Balken verletzt oder ein Kind im Garten durch einen offenen Schacht fällt.
  • Sachschäden: Wenn deine Renovierung den Keller des Nachbarn flutet, die Fassade beschädigt oder die Heizung im Haus daneben kaputt macht.
  • Vermögensschäden: Wenn du durch Baustellenlärm oder Staub den Wert der Nachbarimmobilie minderst - und der Eigentümer das vor Gericht einklagt.

Und das ist noch nicht alles. Die besten Tarife gehen noch einen Schritt weiter. Sie versichern auch:

  • Gewässerschäden: Wenn du beim Ausheben des Fundaments eine Wasserleitung zerstörst und das Grundwasser kontaminierst.
  • Erdrutsche und Bodensenkungen: Besonders wichtig bei Altbauten oder bei Arbeiten auf Hanglagen.
  • Bauhelferhaftpflicht: Wenn du Freunde oder Familie als Hilfskräfte einsetzt - die sind nicht versichert, wenn sie sich verletzen oder etwas kaputt machen. Die Bauherrenhaftpflicht deckt das oft bis zu 50.000 Euro ab.
  • Minibagger und Landfahrzeuge: Wenn du einen Minibagger mietest oder einen Lkw auf deinem Grundstück nutzt - das ist oft nicht in der privaten Haftpflicht enthalten.

Die Deckungssummen variieren. Die gängige Standarddeckung liegt bei 10 Millionen Euro. Aber bei größeren Projekten - etwa bei Sanierungen von Denkmalen oder bei Projekten mit mehr als 200.000 Euro Bausumme - solltest du auf mindestens 25 Millionen Euro achten. Allianz bietet bis zu 75 Millionen Euro an. Das klingt viel, aber bei einem Schaden an einem historischen Gebäude oder einer Mehrfamilienhausanlage ist das schnell erreicht.

Wie viel kostet die Versicherung - und ist sie wirklich nötig?

Die Angst vor hohen Kosten hält viele davon ab, sich abzusichern. Aber die Preise sind überraschend günstig. Bei einer Bausumme von 200.000 Euro zahlst du bei DBV etwa 110 Euro - einmalig, für die gesamte Bauzeit. HUK wirbt mit ab 75 Euro für die ganze Dauer. Das ist weniger als ein Monat Miete für einen Parkplatz.

Und das ist kein „Luxus“. Das ist eine Versicherung, die dich vor dem finanziellen Ruin bewahrt. Die Statistik sagt: Bei 23 % der Renovierungsprojekte mit einer Bausumme über 100.000 Euro tritt mindestens ein Schaden auf, der über die private Haftpflicht hinausgeht. Das ist fast jeder vierte Fall. Und wenn du vermietest? Dann riskierst du nicht nur dein Geld - du riskierst dein gesamtes Privatvermögen. Der Deutsche Mieterbund warnt ausdrücklich: „Ohne Bauherrenhaftpflichtversicherung riskieren Vermieter bei Schäden während der Renovierung ihre gesamte Privatvermögen.“

Ein echter Fall aus der Praxis: Ein Bauherr in Köln sanierete sein 1920er-Jahre-Haus mit 180.000 Euro Bausumme. Während der Kellerabdichtung brach eine alte Zisterne - und der Boden sackte ab. Der Nachbar hatte einen Riss in der Wand, die Heizung war kaputt, die Bodenplatte beschädigt. Der Schaden: 42.000 Euro. Die private Haftpflicht lehnte ab. Die Bauherrenhaftpflicht übernahm - komplett. Ohne diese Versicherung hätte er sein Haus verkaufen müssen, um die Kosten zu decken.

Zwei Welten: ein ruhiges Zuhause und eine verwirrende Baustelle, verbunden durch psychedelische Rohre und ein leuchtendes Versicherungssymbol.

Wann du sie brauchst - und wann du sie nicht brauchst

Es gibt klare Regeln, wann du die Bauherrenhaftpflicht brauchst:

  • Ja, brauchst du: Bei Bausummen über 50.000 Euro, bei Änderungen an tragenden Wänden, bei Keller- oder Dachausbau, bei energetischen Sanierungen mit Wärmedämmung, bei Umbauten von Wohnungen zu Gewerberäumen, bei Arbeiten an historischen Gebäuden.
  • Vielleicht nicht nötig: Bei kleinen Arbeiten wie Fliesen legen, Tapeten wechseln, Küchen austauschen - wenn die Wohnung danach genauso genutzt wird und keine statischen Veränderungen stattfinden.

Ein wichtiger Hinweis: Auch wenn deine Bausumme unter 50.000 Euro liegt, kann die private Haftpflicht trotzdem ausfallen. Ein Nutzer auf Reddit berichtet: Sein Balkon fiel während einer Renovierung mit nur 30.000 Euro Bausumme herunter - und die Versicherung lehnte ab. Erst nach drei Monaten Rechtsstreit zahlte die neu abgeschlossene Bauherrenhaftpflicht. Warum? Weil die Versicherung die Art der Arbeiten als „bauliche Veränderung“ einstufte - nicht als „Renovierung“.

Also: Lies nicht nur die Bausumme. Frage dich: Verändert diese Arbeit die Struktur des Gebäudes? Wenn ja - dann brauchst du die Bauherrenhaftpflicht.

Was du sonst noch brauchst - und was du vergisst

Die Bauherrenhaftpflicht ist wichtig - aber sie ist nicht alles. Du brauchst noch zwei weitere Versicherungen, um wirklich abgesichert zu sein:

  • Bauleistungsversicherung: Diese versichert das Bauwerk selbst. Wenn ein Brand auf der Baustelle entsteht, wenn ein Dachstuhl einstürzt, wenn Materialien beschädigt werden - dann zahlt diese Versicherung. Die Bauherrenhaftpflicht deckt nur Schäden an Dritten, nicht an deinem eigenen Haus.
  • Betriebshaftpflicht für Bauhelfer: Wenn du Freunde oder Familienmitglieder als Helfer einsetzt, musst du sie bei der Berufsgenossenschaft Bau (BG Bau) anmelden. Sonst bist du haftbar, wenn sie sich verletzen. Die Bauherrenhaftpflicht deckt das nicht.
  • Wohngebäudeversicherung informieren: Deine bestehende Wohngebäudeversicherung muss von den Renovierungsarbeiten wissen. Sonst kann sie im Schadenfall lehnen - auch wenn du eine Bauherrenhaftpflicht hast.

Und vergiss nicht: Wenn du ein historisches Gebäude sanierst, musst du speziell nach Denkmalschutz-Risiken fragen. Viele Versicherer bieten dafür extra Klauseln an. Wenn du eine energetische Sanierung machst, prüfe, ob dein Tarif die „Innovationsklausel“ enthält - die Mehrkosten für nachhaltige Materialien bis zu 2.500 Euro übernimmt.

Ein schützendes Versicherungsschild schwebt über einem Altbau, während Schäden und Werkzeuge als Symbole umherdriften.

Wie du die richtige Versicherung findest

Es gibt viele Anbieter: Allianz (28 % Marktanteil), HUK (22 %), DBV (18 %), AXA (12 %). Die besten Bewertungen kommen von HUK und Allianz - vor allem wegen der digitalen Tools. Beide bieten Online-Rechner, die dir anhand von Bausumme, Baujahr und Art der Arbeiten genau sagen, welche Deckung du brauchst.

So gehst du vor:

  1. Prüfe deine private Haftpflichtversicherung: Liest du die Bedingungen? Steht dort etwas über „bauliche Veränderungen“ oder „Renovierungen“?
  2. Berechne deine Bausumme: Alles, was du ausgibst - Material, Löhne, Genehmigungen, Architekten, sogar die Miete für Baustellentoiletten.
  3. Frage bei deinem Versicherer nach: „Ist meine Haftpflicht bei einer Renovierung mit [Bausumme] noch ausreichend?“ Schreib es auf - per E-Mail. So hast du einen Nachweis.
  4. Wenn du unsicher bist: Abschließen. Es kostet weniger als ein Wochenende im Café.
  5. Prüfe die Extras: Bauhelfer, Minibagger, Gewässerschäden, Denkmalschutz.

Ein Tipp von erfahrenen Bauherren: „Bei Eigenleistung immer die Bauhelferhaftpflicht mitversichern lassen.“ Und: „Bei Altbauten explizit Gewässerschäden und Denkmalschutzrisiken abklären.“

Was die Zukunft bringt

Die Bauherrenhaftpflichtversicherung entwickelt sich schnell. Seit 2023 bieten einige Anbieter Schutz für Smart-Home-Systeme - weil fehlerhafte Installationen von Heizungssteuerungen oder Lichtsystemen immer häufiger zu Schäden führen. Die Anzahl solcher Schäden stieg 2023 um 142 %.

Auch die Digitalisierung macht Fortschritte: 65 % der Bauherrenhaftpflichtversicherungen werden heute online abgeschlossen - gegenüber nur 41 % im Jahr 2020. Allianz kooperiert mit der Plattform „Bauheld“ und berechnet automatisch Risiken während der Planung. Das ist praktisch - und sicher.

Aber es gibt auch Kritik. Prof. Dr. Sabine Schäfer vom Deutschen Institut für Bautechnik sagt: „Die Versicherungsbranche übertreibt teilweise die Notwendigkeit.“ Sie meint, viele private Haftpflichten könnten mit richtiger Meldung auch bei Renovierungen schützen. Aber die Praxis zeigt: Wenn es zu einem Schaden kommt, ist die Versicherung immer schnell dabei, die Verantwortung abzulehnen. Und dann ist es zu spät.

Die Zukunft wird klarer: Bis 2030 wird es wahrscheinlich keine separate Bauherrenhaftpflicht mehr geben - sondern eine erweiterte private Haftpflicht, die automatisch bei baulichen Veränderungen aktiviert wird. Aber bis dahin? Du musst dich absichern. Denn wer auf Nummer sicher gehen will, der schließt nicht nur eine Versicherung ab - er schützt sein Leben.

Brauche ich eine Bauherrenhaftpflicht, wenn ich nur meine Küche renoviere?

Wenn du nur die Küche austauschst - also Schränke, Spüle, Fliesen - und keine tragenden Wände veränderst, dann reicht in den meisten Fällen deine private Haftpflicht. Aber wenn du die Wand zwischen Küche und Wohnzimmer entfernst, um einen offenen Raum zu schaffen, dann ist das eine bauliche Veränderung. Dann brauchst du die Bauherrenhaftpflicht. Frage immer bei deiner Versicherung nach - und lass dir die Antwort schriftlich geben.

Was passiert, wenn ich keine Versicherung habe und es zu einem Schaden kommt?

Du bist persönlich haftbar. Das bedeutet: Dein gesamtes Privatvermögen - Auto, Sparbuch, Gehalt, sogar dein Haus - kann gepfändet werden, um den Schaden zu bezahlen. Ein Wasserschaden von 50.000 Euro kann dich in die Schuldenfalle treiben. Viele Bauherren, die ohne Versicherung renovieren, verlieren ihr gesamtes Vermögen. Das ist kein Horror-Szenario - das passiert jeden Monat in Deutschland.

Kann ich die Bauherrenhaftpflicht später abschließen, wenn ich schon mit der Renovierung angefangen habe?

Nein. Die Versicherung muss vor Beginn der Arbeiten abgeschlossen werden. Wenn du schon mit dem Abbruch angefangen hast, ist es zu spät. Die Versicherung deckt nur Schäden ab, die nach Vertragsbeginn entstehen. Ein Schaden, der durch deine bereits laufenden Arbeiten verursacht wurde, wird nicht gezahlt. Deshalb: Erst versichern, dann bauen.

Brauche ich die Versicherung auch, wenn ich einen Bauunternehmer beauftrage?

Ja. Selbst wenn du einen Profi beauftragst, bist du als Bauherr rechtlich verantwortlich. Der Unternehmer hat seine eigene Betriebshaftpflicht - aber die deckt nur seine eigenen Fehler. Wenn er einen Nachbarn beschädigt, und sein Versicherer lehnt ab, dann bist du dran. Die Bauherrenhaftpflicht schützt dich als Auftraggeber - und das ist entscheidend.

Wie lange gilt die Bauherrenhaftpflicht?

Die Versicherung gilt für die gesamte Bauzeit - maximal drei Jahre ab Vertragsbeginn. Wenn deine Renovierung länger dauert, musst du sie verlängern. Nach Abschluss der Arbeiten endet der Schutz. Wenn du später noch etwas änderst - etwa ein neues Fenster einbauen - brauchst du eine neue Versicherung. Der Schutz gilt nur für die Arbeiten, die im Vertrag beschrieben sind.