Altlasten und Schadstoffe im Haus: Was Sie als Eigentümer wissen und tun müssen

Altlasten und Schadstoffe im Haus: Was Sie als Eigentümer wissen und tun müssen
Bauen und Sanieren Lynn Roberts 7 Nov 2025 0 Kommentare

Wenn Sie ein altes Haus kaufen oder sanieren, könnte unter dem Boden oder in den Wänden etwas lauern, das Sie nicht sehen, aber das Sie teuer und rechtlich belasten kann: Altlasten. Das sind versteckte Schadstoffe - wie Asbest, PCB, Schwermetalle oder Holzschutzmittel -, die früher in Gebäuden oder auf dem Grundstück verwendet oder abgelagert wurden. Sie sind nicht nur gesundheitlich riskant, sondern auch rechtlich heikel. Wer ein Haus besitzt, trägt die Verantwortung - selbst wenn er nichts davon wusste. Und das ist kein Mythos, sondern Gesetz.

Was genau sind Altlasten?

Altlasten sind nicht einfach nur „schmutziger Boden“. Sie sind nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) definiert als Flächen, auf denen in der Vergangenheit Abfälle gelagert, umweltgefährdende Stoffe verarbeitet oder Anlagen betrieben wurden, die heute stillgelegt sind. Das kann eine alte Werkstatt sein, ein verlassener Tanklagerplatz, eine ehemalige Mülldeponie - oder einfach nur ein Garten, in dem früher Öl oder Farben ausgegossen wurden. Auch wenn das Haus heute wie neu wirkt: Unter der Bodenplatte oder in der Dämmung könnte noch etwas aus den 60er- oder 70er-Jahren schlummern.

Typische Schadstoffe in Wohnhäusern sind:

  • Asbest in Dachplatten, Isolierungen, Bodenfliesen oder Leitungen - besonders in Gebäuden vor 1993
  • PCB (polychlorierte Biphenyle) in Dichtungsmassen, Fensterdichtungen oder Lichtschaltern - verbreitet bis in die 80er-Jahre
  • Schwermetalle wie Blei, Arsen oder Cadmium im Boden - oft durch alte Farben, Abgase oder industrielle Nutzung
  • Holzschutzmittel wie PCP oder Lindan in Balken, Dachstühlen oder Türrahmen - besonders in alten Scheunen oder Ferienhäusern

Diese Stoffe sind nicht nur gefährlich, wenn sie abblättern oder stauben. Sie können ins Grundwasser wandern, in die Luft gelangen oder über Staub aufgenommen werden - und das über Jahre hinweg. Und genau deshalb gibt es klare Regeln.

Wer muss etwas melden?

Die Meldepflicht trifft nicht nur den, der den Schadstoff verursacht hat. Sie trifft alle, die mit dem Grundstück zu tun haben. Das ist ein wichtiger Punkt, den viele nicht wissen.

Nach § 4 Abs. 3 BBodSchG sind verpflichtet:

  • Der Verursacher - also wer die Schadstoffe eingetragen hat
  • Der Grundstückseigentümer - auch wenn er nichts gewusst hat
  • Der Inhaber der tatsächlichen Gewalt - zum Beispiel ein Mieter, der baut oder umbaut
  • Der Gesamtrechtsnachfolger - also Erben oder Käufer

Das bedeutet: Wenn Sie ein Haus kaufen, übernehmen Sie die Verantwortung - ohne Ausnahme. Selbst wenn der Vorbesitzer die Altlast versteckt hat, bleibt die Pflicht bei Ihnen. Und wenn Sie bauen, sanieren oder den Boden aufgraben, müssen Sie die Behörde informieren, sobald Sie Verdacht haben.

Beispiele für Meldepflicht:

  • Sie graben einen Keller aus und finden dunkle, ölige Erde mit einem ungewöhnlichen Geruch
  • Beim Abriss der Dachrinne stoßen Sie auf Asbestplatten
  • Ein Gutachter entdeckt PCB in den Fensterdichtungen während einer Baubegleitung

In diesen Fällen müssen Sie innerhalb von wenigen Tagen die zuständige Bodenschutzbehörde informieren. Das ist keine Empfehlung - das ist Pflicht. Wer es ignoriert, macht sich strafbar.

Wo und wie melde ich das?

Die zuständige Behörde ist nicht immer das gleiche Amt - das hängt vom Bundesland ab. In Großstädten ist es meist das Umweltamt oder das Amt für Bodenschutz. In ländlichen Gebieten ist es oft der Landkreis, speziell die untere Abfallwirtschaftsbehörde.

Beispiele:

  • In Bremen: Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft
  • In Berlin: Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz
  • In Bayern: Landratsamt - Fachbereich Bodenschutz

Sie finden die richtige Stelle einfach, indem Sie auf der Website Ihres Landkreises oder Ihrer Stadt nach „Altlasten“ oder „Bodenschutz“ suchen. Die meisten Behörden haben auch Online-Formulare oder Hotlines.

Wichtig: Melden Sie nicht nur, wenn Sie sicher sind. Melden Sie, wenn Sie Verdacht haben. Die Behörde entscheidet dann, ob eine Untersuchung nötig ist. Es ist besser, einmal zu viel zu melden, als zu spät.

Ein Hausbesitzer untersucht Bodenproben, die sich in giftige Symbole verwandeln, umgeben von juristischen Symbolen in psychedelischem Stil.

Was passiert nach der Meldung?

Die Behörde prüft die Angaben und leitet eine Untersuchung ein. Das passiert in drei Schritten:

  1. Erfassung: Historische Recherchen - alte Karten, Fotos, Nutzungsakten. Wer hat früher hier gewohnt? Was war hier früher?
  2. Orientierende Untersuchung: Bodenproben, Grundwasseranalysen, Luftmessungen. Hier wird geprüft, ob Schadstoffe in auffälligen Konzentrationen vorhanden sind.
  3. Detailuntersuchung: Wenn die erste Prüfung Verdacht bestätigt, wird detailliert analysiert: Wo genau liegen die Schadstoffe? Wie tief? Wie breit?

Die Kosten dafür tragen Sie. Eine orientierende Untersuchung kostet zwischen 1.500 und 3.000 Euro. Eine Detailuntersuchung kann leicht 10.000 bis 20.000 Euro verschlingen. Und das ist nur der Anfang.

Wenn Schadstoffe nachgewiesen werden, kommt die Sanierung. Die Behörde kann Ihnen eine Sanierungsanordnung erteilen. Das kann bedeuten:

  • Abtragen und Entsorgen des kontaminierten Bodens
  • Abdichten von Grundwasserleitern
  • Entfernen von Asbestplatten oder PCB-Dichtungen
  • Behandeln des Bodens mit chemischen Verfahren

Die Kosten für eine vollständige Sanierung liegen laut Umweltbundesamt im Durchschnitt bei 50.000 Euro - bei großen oder komplexen Fällen können es auch 200.000 Euro oder mehr werden.

Was muss ich beim Hauskauf beachten?

Die meisten Käufer denken: „Ich kaufe ein Haus - das ist doch eine Immobilie, keine Umweltbombe.“ Aber das ist gefährlich falsch.

Seit 2023 gilt: Wer ein Haus kauft, übernimmt automatisch die Haftung für Altlasten - unabhängig davon, ob er etwas wusste. Selbst wenn der Verkäufer die Schadstoffe verschwiegen hat, müssen Sie die Sanierung bezahlen. Das ist kein Fehler im Vertrag - das ist Gesetz.

Das ist der Grund, warum Sie vor dem Kauf unbedingt:

  • Den Altlastenkataster Ihrer Gemeinde abfragen - viele Kommunen haben ihn online
  • Eine orientierende Bodenuntersuchung durchführen lassen - etwa 2.000 Euro Investition
  • Die alten Baupläne prüfen - besonders auf Holzschutzmittel oder Asbest
  • Einen spezialisierten Gutachter hinzuziehen, der auf Altlasten spezialisiert ist

68 % der Käufer, so eine Umfrage des Deutschen Mieterbundes aus 2022, wissen nicht, dass Altlasten eine reale Gefahr sind. Und viele zahlen später die Rechnung - mit Tausenden Euro, die sie nicht eingeplant haben.

Ein guter Kaufvertrag kann helfen - aber nur begrenzt. Eine Klausel, die den Verkäufer zur Offenlegung verpflichtet, ist sinnvoll. Aber sie schützt Sie nicht vor den Kosten. Nur eine vorherige Untersuchung tut das.

Ein Hauskauf wird zur düsteren Vision: rechts steigen vergrabene Industrieabfälle aus dem Boden, links eine Checkliste für Schadstoffprüfung.

Was ist neu seit 2023?

Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) wurde im Juli 2021 novelliert - und am 1. August 2023 in Kraft gesetzt. Das bedeutet:

  • Die Untersuchungsverfahren sind präziser geworden - Labore müssen strengere Standards einhalten
  • Die Sanierungsziele sind klarer definiert - es geht nicht mehr nur um „Entfernen“, sondern um „Risikobegrenzung“
  • Die Digitalisierung der Altlastenkataster schreitet voran - viele Kommunen bieten jetzt Online-Abfragen an

Das ist gut für Käufer - denn die Informationen werden transparenter. Aber es bedeutet auch: Die Behörden prüfen intensiver. Wer früher „nur“ eine Meldung abgab, wird heute mit detaillierten Anforderungen konfrontiert.

Und die Trends zeigen: In den nächsten Jahren wird die Zahl der Altlastensanierungen in Wohngebieten steigen. Warum? Weil alte Industrieareale zu Wohnquartieren umgewandelt werden - und dabei immer mehr versteckte Schadstoffe ans Licht kommen.

Was tun, wenn Sie schon eine Altlast haben?

Wenn Sie wissen, dass Ihr Haus belastet ist - oder wenn die Behörde Ihnen eine Sanierungsanordnung geschickt hat -, dann ist es zu spät, zu zögern. Aber es ist nicht zu spät, richtig zu handeln.

  • Informieren Sie sich: Holen Sie sich einen unabhängigen Gutachter. Lassen Sie sich nicht von einem Sanierungsunternehmen allein beraten - lassen Sie sich ein Angebot von mindestens zwei Anbietern machen.
  • Prüfen Sie die Kosten: Sind die Sanierungsmaßnahmen proportional? Oft reicht eine Abdeckung oder ein Bodenblock, nicht ein kompletter Bodenaustausch.
  • Prüfen Sie Fördermöglichkeiten: Einige Bundesländer bieten Zuschüsse für Sanierungen an - besonders bei privaten Grundstücken. Fragt beim Umweltministerium Ihres Bundeslandes nach.
  • Halten Sie Dokumente: Alle Proben, Gutachten, Rechnungen - alles muss aufbewahrt werden. Die Behörde kann sie später anfordern.

Und vergessen Sie nicht: Eine Altlast ist kein Ende - sie ist eine Herausforderung. Mit der richtigen Vorgehensweise wird sie bewältigbar. Aber nur, wenn Sie früh und richtig handeln.

Die wichtigsten Schritte auf einen Blick

  • Beim Kauf: Altlastenkataster abfragen, Bodenuntersuchung machen, Gutachter hinzuziehen
  • Beim Bauen: Bei Verdacht sofort Behörde informieren - nicht warten
  • Beim Sanieren: Asbest und PCB nicht selbst entfernen - nur zugelassene Firmen dürfen das
  • Beim Verkauf: Offenlegen, was Sie wissen - sonst haften Sie später für die Folgen

Altlasten sind kein Thema für später. Sie sind ein Teil der Realität - und wer sie ignoriert, zahlt den Preis. Mit Wissen und Vorsicht können Sie sich schützen. Und das ist der einzige Weg, der wirklich sicher ist.

Muss ich Altlasten melden, wenn ich nichts davon weiß?

Ja. Die Meldepflicht gilt unabhängig davon, ob Sie von den Schadstoffen wussten oder nicht. Als Eigentümer oder Bauherr tragen Sie die Verantwortung, sobald Sie Anhaltspunkte für eine schädliche Bodenveränderung entdecken - zum Beispiel durch ungewöhnliche Bodenfarbe, Geruch oder alte Baureste. Die Behörde entscheidet dann, ob eine Untersuchung nötig ist.

Kann ich als Mieter verantwortlich gemacht werden?

Ja, wenn Sie die tatsächliche Gewalt über das Grundstück ausüben - also wenn Sie bauen, sanieren oder den Boden verändern. Ein Mieter, der nur wohnt, ist nicht verpflichtet. Aber wenn er eine Terrasse baut, einen Keller ausgräbt oder Dämmung einbaut und dabei Schadstoffe findet, muss er die Behörde informieren. Der Eigentümer bleibt aber immer primär verantwortlich.

Wie viel kostet eine Bodenuntersuchung?

Eine orientierende Untersuchung kostet zwischen 1.500 und 3.000 Euro. Eine detaillierte Untersuchung mit mehreren Proben und Laboranalysen kann 5.000 bis 20.000 Euro kosten. Die Kosten hängen von der Größe des Grundstücks, der Tiefe der Untersuchung und der Art der Schadstoffe ab. Es lohnt sich, vor dem Kauf zu prüfen - das spart später oft Hunderttausende.

Gibt es Fördergelder für die Sanierung?

Ja, in einigen Bundesländern gibt es Zuschüsse oder zinsgünstige Kredite für private Hausbesitzer, die Altlasten sanieren. In Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und einigen anderen Ländern werden bis zu 50 % der Kosten übernommen - aber nur, wenn die Sanierung nach den neuesten Standards erfolgt. Fragen Sie bei Ihrem Landesumweltministerium oder Ihrer Kommune nach.

Was passiert, wenn ich die Meldung vergesse?

Sie riskieren eine Geldstrafe - bis zu 50.000 Euro nach dem BBodSchG. Außerdem wird die Behörde die Sanierung selbst durchführen und Ihnen die Kosten in Rechnung stellen - oft mit Zuschlägen und Verzugszinsen. Und: Wenn später ein Schaden entsteht - etwa durch Grundwasserverunreinigung - können Sie auch zivilrechtlich haftbar gemacht werden. Es lohnt sich nicht, zu warten.